Konzerteinführung Okt. 2010

Konzerteinführung zum Anrechtskonzert am 8.10.2010

Edvard Grieg

Von Edvard Grieg wird gesagt, er sei der Komponist, der Norwegen auf die musikalische Weltkarte gesetzt habe. Bis heute ist er der bekannteste und vielleicht bedeutendste Komponist des nordeuropäischen Landes. Er wurde am 15. Juni 1843 in der Norwegischen Hafenstadt Bergen geboren. Sein Vater Alexander Grieg war englischer Konsul und ein angesehener Kaufmann, seine Mutter Gesine Hagerup war eine begabte Sängerin und Pianistin. Von ihr hörte der kleine Edvard bereits als Kleinkind die Musik Mozarts und Webers, und er bekam seit dem 6. Lebensjahr Klavierunterricht. Edvard Grieg komponierte bereits als 9Jähriger erste Stücke und wurde neben der Mutter auch von dem Geiger Ole Bull gefördert, der mit der Mutter musizierte und dem Knaben wie ein Gott vorgekommen ist.
Auf seine Anregung hin wird Grieg, erst 15jährig auf das Konservatorium nach Leipzig geschickt, damals die große Musikmetropole in Deutschland. Zwei hervorragende Lehrer, Carl Friedrich Wenzel, der mit Robert Schumann befreundet war, und der populäre Klaviervirtuose Ignaz Moscheles, prägten den jungen Mann. Grieg selbst allerdings hielt sich für einen schwachen Schüler, aber als er Leipzig vier Jahre später verlässt, stellt man ihm ein hervorragendes Zeugnis aus. „Darin heißt es: „Herr Grieg aus Bergen, der sich als vortrefflicher Klavierspieler auszeichnet, muss auch zu den besten Schülern des Konservatoriums im Fach Komponieren gezählt werden... Er hat somit einen achtenswerten Ausbildungsstand erworben, der die größten erfolge in Aussicht stellt."
Anschließend geht Grieg nach Kopenhagen, und dort lernt er seinen Landsmann Rikard Nordraak, den Schöpfer der norwegischen Nationalhymne, kennen, der ihn für die norwegische Volksmusik begeistert, und er schloss Freundschaft mit Hans Christian Andersen. Schließlich trifft er hier auch Nina Hagerup, seine Cousine, die eine hervorragende Sängerin ist. Sie verlieben sich und Grieg widmet ihr die „Lieder des Herzens“ nach Andersen-Gedichten. Als sie heiraten wollen, ist die Familie dagegen. „Er ist nichts, er hat nichts, und er macht eine Musik, die niemand hören will“, sagt Ninas Mutter. Sie heiraten heimlich.
Entscheidend wird eine Rom-Reise 1856 für den jungen Komponisten. Dort nämlich lernt er Henrik Ibsen kennen. Der Dichter glaubt an das musikalische Genie Griegs und schreibt ihm ein Gedicht:

An Edvard Grieg!
Orpheus hämmert mit reinen Tönen wilden Tieren
Seele ein und schlug Feuer aus Steinen.
Steine hat Norwegen genug;
auch von wilden Tieren gibt es eine ganze Menge.
Spiele, dass die Steine Funken sprühen:
spiele, bis die Tierhaut platzt!


1866 ist Grieg wieder in Norwegen, zunächst in Kristiania (heute Oslo), wo er als Musiklehrer und Dirigent wirkt, den Musikverein ins Leben ruft und erste Abonnementskonzerte in Norwegen veranstaltet. Komponieren kann er nur in der Freizeit. Nach acht Jahren voller Mühen und persönlichen Rückschlägen verlässt er die Stadt und siedelt sich mit seiner Frau in Hardanger an. Grieg ist inzwischen anerkannter Dirigent und viel auf Reisen. Ab 1874 bekommt er ein Künstlerstipendium, und kann sich dem Komponieren intensiv widmen. Er beginnt mit der Schauspielmusik zu Ibsens Drama „Peer Gynt“. Ibsen hat 1867 mit seinem dramatischen Gedicht nach dem Volksmärchen bereits ein Werk der Moderne geschrieben, das bei seinen Zeitgenossen zunächst auf wenig Verständnis traf. Griegs Schauspielmusik jedoch, aus der er die beiden Peer-Gynt-Suiten zusammenstellte, gehört zu den Höhepunkten der Nationalromantik.
Griegs nationalromantischer Stil, der sich in Formen, Harmonik und Kolorit sehr eng an die Norwegische Volksmusik anlehnt, wurde ihm mitunter als Begrenztheit ausgelegt. In Wirklichkeit aber ist er zumindest gleichermaßen von Wagner (Tannhäuser, Tristan-Harmonik) beeinflusst, und er hat auch die impressionistischen Strömungen mit viel Feingefühl aufzunehmen vermocht. Grieg strebte eine Verschmelzung der Nationalmusik mit einem individuellen Stil an, und dies ist nicht zuletzt in der Bühnenmusik zu Peer Gynt gelungen. Viel mehr als in den wenigen populären, oft adaptierten Stücken aus den Peer-Gynt-Suiten, zeigen sich hier Vielseitigkeit in Farbigkeit und Harmonik auf der Höhe der Spätromantik und weisen zur Moderne, etwa im Gegensatz der nordischen und der orientalischen Koloristik (Anitras Tanz, In der Halle des Bergkönigs). Hier hat er, mehr als in anderen Bühnenmusiken eine dramatische Musik komponiert, auch wenn er den Weg zur Oper (wie auch den zur großen Sinfonie) letztlich verfehlt hat.
Edvard Grieg wollte norwegisch sein in seiner Kunst, gleichzeitig aber lag ihm daran, die Musik in einen kosmopolitischen Zusammenhang zu setzen. Der Konflikt zwischen dem Nationalen und dem Internationalen war vorprogrammiert. Grieg war darüber hinaus in seiner Zeit eine markante Gestalt als kämpfender Humanist für soziale und nationale Gerechtigkeit: „Erst muss man Mensch sein! Alle wahre Kunst erwächst aus dem Menschlichen."
Edvard Grieg stirbt am 4. September 1907 in seinem Haus in Troldhaugen bei Bergen, wo sich jetzt das Grieg-Museum befindet.

Liane Bornholdt

Quellen: MGG, www.deutsche-edvard-grieg-gesellschaft.de