Konzerteinführung April 2011

Konzerteinführung zum Anrechtskonzert Nr. 7 April 2011

Michael Haydn: Sinfonie Nr. 34 Es-Dur Perger 26

Michael Haydn schöpfte wie sein um fünf Jahre älterer Bruder Joseph musikalisch aus den gleichen Quellen. Beide waren Wiener Sängerknaben, und für beide war das Gradus ad Parnassum, ein noch bis ins 20. Jahrhundert verwendetes Kompositionslehrwerk des Wiener Musiktheoretikers Johann Joseph Fux, Grundlage und Ausgangspunkt für die eigenen Kompositionen. Dass Michael weniger berühmt wurde als der ältere Bruder, mag an dem mehr beharrenden Temperament des Jüngeren gelegen haben, oder auch an der kleinstädtisch-konservativeren Atmosphäre in Salzburg. Sein Einfluss auf die Wiener Klassik wird allerdings bis heute sehr unterschätzt. Michael Haydn und Mozart waren befreundet, und für zahlreiche Werke des Götterlieblings kann ein Bezug zu Michael Haydns Werken nachgewiesen werden. Auch wirkten seine Vokalkompositionen, vor allem die Männergesangsquartette a capella auf Schubert, auf Schumann und andere.
Von seinen insgesamt 45 Sinfonien sind die der 1780er/1790er Jahre – die Nr. 34 in Es-Dur entstand 1788 – allesamt dreisätzig; das Menuett fehlt. Der erste Satz ist als Sonatenhauptsatz mit kontrastierendem 2. Thema ausgeformt. Dem folgt ein langsamer Satz, der oft pastoralen Charakter trägt. Interessant sind die dritten Sätze, in denen Haydn häufig ein kunstvolles Schlussfugato einbaut, eine Idee, von der sich Mozart für seine Jupitersinfonie vermutlich inspirieren ließ. Auch in der Es-Dur-Sinfonie findet sich ein solches Fugato. Überdies weist es im Mittelsatz ein besonderes Fagott-Solo auf.

Ludwig van Beethoven: Romanze für Violine und Orchester F-Dur op. 50

Es gibt zwei als Romanzen bezeichnete Violinsätze von Beethoven, die in G-Dur op. 40 und die F-Dur-Romanze op. 50, welche aber die ältere von beiden ist. Über die Entstehung ist wenig bekannt, aber möglicherweise waren sie als Mittelsätze für noch fertig zu stellende Violinkonzerte gedacht, und Beethoven hat diese Sätze nach dem Vorbilde Mozarts als Romanzen bezeichnet. Dem Verleger gegenüber bezeichnete er beide Sätze als „Adagio für Violine und ganze Instrumentalbegleitung“. Beethoven hat mit der Alleinstellung dieser Sätze eine neue Gattung geschaffen, kleine Solostücke für Virtuosen mit Orchester, die von den Solisten Feingefühl und gestalterische Tiefe genauso wie souveräne technische Meisterschaft verlangen. In der Folge werden zahlreiche Komponisten diese Formen aufgreifen wie etwa sogleich der Däne Carl Nielsen, später Max Bruch, Antonin Dvorak oder Max Reger…

Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Violine und Orchester Nr. 4 D-Dur KV 218

„Du weißt selbst nicht, wie gut Du Violine spielst, wenn Du Dir nur Ehre geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist spielen willst, ja, so, als wärest Du der erste Violinspieler in Europa“, schrieb Vater Leopold im Herbst 1777 an seinen Sohn. Mozart sah sich aber mehr als Klaviervirtuose, hatte aber bis 1775 insgesamt fünf Violinkonzerte wahrscheinlich für sich selbst komponiert, das 2. bis 5. davon zwischen Juni und Dezember 1775.
Es ist kein Zufall, dass dieses Genre in der gesamten Wiener Klassik einen quantitativ relativ bescheidenen Raum einnimmt im Vergleich mit dem Reichtum der barocken Violinkonzerte. Das Genre befand sich im Umbruch von der monothematischen Ritornellform zu den neuen Formengesetzen des Sonatensatzes, und Mozarts Violinkonzerte haben diesen entscheidend befördert. „Sie haben“, befindet Kolneder, „die ganze reiche Konzertproduktion bis Tartini mit einem Schlag veralten lassen.“ Obwohl Mozart die Traditionen etwa der italienischen Spieltechnik, die effektvollen französischen Tonfälle oder die volkstümliche Melodienfülle Wiens durchaus aufnimmt, ist das eigentliche Vorbild für das neue Zusammenspiel der Solostimme mit dem Orchester die Oper. Es sind vokal gedachte Konzerte, und beim 4. ist dies ganz besonders gut zu hören. Alle drei Sätze sind thematisch über eine absteigende Linie miteinander verwandt, und das Schlussrondo erweist sich als wunderbar eingängige Synthese aus Sonatensatz- und Rondoform.

Franz Schubert: Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485

Die 5. Sinfonie ist diejenige unter den Schubertschen Jugendsinfonien, die den Umbruch von Schuberts „Heldenverehrung“, in diesem Fall für den „unsterblichen Mozart“, und dem ganz eigenen sinfonischen Stil am deutlichsten zeigen. An der Oberfläche finden sich zahlreiche Anklänge an Mozarts g-Moll-Sinfonie KV 550, an den Figaro und die Zauberflöte. Bei genauerer Betrachtung dient jedoch die relativ sparsame, an Mozarts Kammermusik gemahnende Konzentration der musikalischen Mittel jedoch anders als bei jenem nicht als Basis eine klassischen Fülle der Abwandlungen, sondern schon ganz im Sinne der Romantik und ja gerade Schubert typisch als Ausgang für Stimmungswechsel in kühnen harmonischen Modulationen. Verdichtung der Themen und überraschende Wendungen etwa im zweiten Satz, wenn zum ersten Thema in Es-Dur das zweite Thema in Ces- und Ges-Dur erscheint. Unter dem „Klassischen Klang“ der 5. ist bereits die Meisterschaft von Schuberts später Kammermusik zu hören, und deshalb ist sie unter den Jugendsinfonien die interessanteste.



Liane Bornholdt

Quellen: MGG, Harenberg. Konzertführer